Schleimpilze/Myxomyceten
Myxomycet (myxo: griech. Schleim; -myceten: Klasse des Organismusbereich Pilze/Fungi)

Schleimpirsch






Drachendreck und Hexenbutter nennt sie die Umgangssprache. Blutpilz und Fadenstäubling sind ebenfalls verbreitete Artbezeichnungen, die jedoch schon deutlich weniger Anleihen bei der Mythologie nehmen. Als Myxomyceten bezeichnen sie die modernen Übersichten zur Systematik der Lebewesen, und auch diese Lehrbücher haben nur teilweise Recht: Diese kuriosen Organismen, um die es hier geht, sind keine echten Pilze und schon gar keine Pflanzen oder Tiere. Sie stellen einen eigenen Weg in der Evolution der Lebensformen dar und passen am besten in das Organismenreich Protisten, in dem die Biologen ohnehin eine Menge bunter und recht ausgefallener Typen versammeln.
Im Lebenszyklus der Myxomyceten kommen Flagellaten- und Amöbenstadien vor. Sie schlüpfen aus den vom Wind verbreiteten haploiden Sporen, kriechen aktiv auf dem Substrat umher und verschmelzen paarweise zu einer diplioden Zygote. Diese vergrössert sich zu einem vielkernigen, aber nicht zellig untergliederten Plasmodium, das schliesslich zu einer mitunter handflächengrossen, netzförmigen Riesenzelle mit Millionen Zellkernen wird, die nach Amöbenart langsam über ihr Substrat kriecht. Dabei nimmt das Plasmodium Bakterien, andere Mikroorganismen oder organischen Abfall als Nahrung auf. Bestimmte Aussenbedingungen lösen dann einen höchst eigenartigen Gestaltwandel aus: Die umherkriechende Plasmamasse differenziert sich in wenigen Stunden zu Rasen kleiner, meist gestielter Fruchtkörper, in denen durch Meiose haploide Sporen entstehen.
Das grosse Kosmos-Buch der Mikroskopie, S. 133